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gartenlesung

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So. 06.06.2010 - 19:00

Die im Sommer mehr als misslichen Umstände im KAPU Dachstock – heiß, stickig, duster - brachten uns auf die grandiose Idee, die letzte Lesung vor Abschluss der Frühjahrssaison einfach in den KAPU Garten unter den lauschigen Kastanienbaum zu verlegen. Somit ist auch gleich ein neues Format geboren: die Gartenlesung!
Die erste Gartenlesung widmet sich den Parodien Robert Neumanns, gelesen von unserem Freund und Genossen Hanns Christian Schiff, der nicht zum ersten Mal gemeinsam mit der KAPU zu einem politisch literarischen Abend lädt.
Robert Neumanns Biografie liest sich abenteuerlich. Geboren 1897 in Wien, in eine jüdische Familie mit sozialdemokratischer Gesinnung, studierte er Medizin, Chemie und ein Semester Literatur, arbeitete als Effektenkassierer, Schwimmtrainer, Gesellschafter einer Lebensmittelimportfirma und kurze Zeit als Matrose und Frachtaufseher auf einem Hochseeschiff.
Nachdem er 1919 und 1923 mehrere kleine mehr oder weniger unbeachtet gebliebene Gedichtbände veröffentlicht hatte, gelang ihm 1927 mit seiner Parodiesammlung „Mit fremden Federn“ der literarische Durchbruch. Neumanns oft politische Werke standen ab 1933 auf der Liste der von den Nazis verbotenen und verbrannten Büchern. Mit Errichtung der austrofaschistischen Diktatur 1934 flüchtete Neumann ins Exil nach London, organisierte dort ab 1938 den „Free Austrian P.E.N Club“ und versuchte im Zuge dessen, von Nazis bedrohten Schriftsteller_innen zur Ausreise zu verhelfen und initiierte die Publikation englischer Übersetzungen von deutschen Exilautor_innen. Zwischen 1959 und 1974 war Neumann weiter als Romancier, politischer Publizist und beachteter Literaturkritiker mit meist polemisch-satirischer Ausrichtung tätig, u.a. für Konkret, Die Zeit, Pardon und veröffentlichte im Spiegel und Stern. Unheilbar an Krebs erkrankt stirbt Robert Neumann 1978 in München.
Erwähnt sei an dieser Stelle auch die gemeinsam mit Helmut Qualtinger gelesene Parodiensammlung, sowie die Tatsache, dass einer der bekanntesten Exilliteraten, Thomas Mann, Neumanns Buch „Mit fremden Federn“ als das beste des Jahres 1927 bezeichnete.

Wer Robert Neumann nicht kennt, kann diese Bildungslücke an diesem Abend, an dem Auszüge aus seinem satirischen Werk gelesen werden, schliessen. In jedem Fall beweist uns dieser Abend, dass politische Literatur auch zu inhaltlich anspruchsvollen Themen, durchaus lustig und unterhaltsam sein kann.

Rundumprogramm: Wurstkompott, Bier und koscherer Wein

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